Preisträger des EDDI-Preises 2023 ist das Kabarett-Duo Thomas Pigor und Benedikt Eichhorn.
(Fotos: Olaf Krostitz)
Im Jahr 2023 fanden durch eine Jury das Kabarett-Duo Thomas Pigor und Benedikt Eichhorn am 7. Oktober 2023 nicht nur die Gunst des Publikums. Nach einer bravourösen Darbietung konnten Dr. Catrin Gocksch für den Bezirk Lichtenberg und Dr. Matthias Oehme von der Eulenspiegel-Verlagsgruppe den begehrten Preis und auch das Preisgeld in Höhe von 2023,00 Euro an die beiden Künstler überreichen. Der Nestor des deutsch-deutschen Wiedervereinigungskabaretts, Arnulf Eichhorn aus Leipzig, wurde ebenfalls an diesem Abend anerkennend dekoriert.
Aus der Laudatio von Dr. Matthias Oehme (Vorsitzender des Vereins Berliner Kabarettpreis DER EDDI e.V.) am 7. Oktober 2023 im Kulturhaus Berlin-Karlshorst:
DER EDDI ist ein Preis für Kabarettisten, die keine verlorenen Tage kennen, denen aber das Schimpfen auf die Regierung nicht reicht. Für Kabarettisten, die ihr satirisches Handwerk perfekt verstehen. Für Kabarettisten, die den mitdenkenden und den mitlachenden Zuschauer suchen. Für Kabarettisten, denen Haltung etwas bedeutet und für die politische Überzeugung nicht verhandelbar ist.
Thomas Pigor und Benedikt Eichhorn sind, überschlägig betrachtet, die wohl vielseitigsten unserer bisherigen Preisträger; durchaus fähig, ein Mehrspartentheater zu bespielen. Wir würdigen das mit äußerstem Vergnügen, auch wenn sich eben die flotte Couplet- und Salon-hiphop-Gefälligkeit gar nicht einstellen will. Ich glaube, sie haben dagegen Fallen aufgestellt, wodurch eingängiger Mitklatsch- oder Mitdeklamier-Effekt unterbleibt oder zumindest gedämpft wird. Kein Krach beim Denken, die Songs nicht singbar für jedermann, die Verse struppig und gestopft voll mit Sinn und Text.
Pigor und Eichhorn sind ihre Symbiose vor vielen Jahren eingegangen, und sie ist ganz offenbar tragfähig und produktiv. Überhaupt ist ihre Produktivität beeindruckend, es gibt Programme, CDs, Bücher die Masse – ein eignes Tagebuch unserer Zeit und kein Stammtisch.
Insofern, billig ist das nicht nicht, nein, billig machen Sie es nicht – in der Zeitung stehen ehrfurchtgebietende Namen wie Adorno und Heidegger und überhaupt viel von der piefigen intellektuellen Provinzialität dieser westdeutschen Republik, die sich 1989 zu uns gerettet hat. Das gefällt nicht jedermann … und nicht nur, weil es anstrengend ist.
So essentiell die Musik dem Duo ist, wichtig ist die Sprachkritik – immer ein Signal streitender Vernunft, nicht nur im Kampf gegen Rechtschreibreformen, ihr Misslingen, die Genderwirren, aber keine albernen Witze dazu und darüber, etwa Kalauer vom Stammtisch. Nein. Keine Aufregung, keine Hysterie, kein Gebrüll; es dominiert die kalte Wut; Wut und höchst Artifizielles gedeihen gut nebeneinander bei ihnen.
Ich habe mich umgesehen und nach einem gesucht, dem das gefallen hätte. Man muss sehr weit zurück und nach sehr weit oben schauen, um den wohlwollend-scharfsinnigen Ahnen und innerlich verwandten Kritiker dieses Kabaretts zu finden. Ich habe die besten Charakterisierungen der beiden bei Karl Kraus gefunden, der ganz gut die Lobrede auf Pigor und Eichhorn halten könnte, vielleicht so, wie er auf einen noch weiter entfernten großartigen Vorläufer und Verwandten verwies, den Johann Nepomuk Nestroy. Sein Text, auch wenn er kaum laudatiotauglich für diese fünf Minuten hier wäre, ist bis heute einer der kundigsten Lobgesänge auf Satire geblieben, die wir in der deutschen Literatur haben.
Das alles nun wohlbedacht, hat sich meine Skepsis und Überraschung bei diesen Laureaten verflüchtigt und ich bin froh, dass wir sie gefunden haben und nun auszeichnen.
Dem EDDI stehen sie gut zu Gesicht, und sie mögen ihn daheim bitte dorthin stellen, wo bei anderen der Oscar steht – denn den kriegen sie nicht. Da gilt, was, wie ich höre, die Jungs von den Plattenfirmen gesagt haben, als P&E Musik machen wollten: zu witzig, zu originell. Gratulation dazu!